Vierfaktorformel

Die Vierfaktorformel beschreibt, wie der Multiplikationsfaktor k {\displaystyle k_{\infty }} eines unendlich ausgedehnten homogenen thermischen Kernreaktors sich aus vier Kenngrößen ergibt. Eine Erweiterung ist die Sechsfaktorenformel.

Formel

k = η ε p f {\displaystyle k_{\infty }=\eta \,\varepsilon \,p\,f}

Bedeutung

Hauptartikel: Multiplikationsfaktor

Der Multiplikationsfaktor ist die Zahl der Neutronen einer bestimmten Generation geteilt durch die Zahl der Neutronen der vorhergehenden Generation.

Die zu Grunde liegende Modellvorstellung des Reaktors ist stark vereinfacht:

  • Der Reaktor wird als unendlich groß angenommen, d. h. die in Wirklichkeit auftretenden Sicker- oder Leckageverluste (Neutronenverluste durch die Oberfläche des Reaktors nach außen) werden vernachlässigt. Der effektive Multiplikationsfaktor k e f f {\displaystyle k_{\mathrm {eff} }} eines endlich großen homogenen Reaktors ist daher stets kleiner als k {\displaystyle k_{\infty }} .
  • Der Reaktor wird als homogene Mischung aller seiner Materialien angenommen. Ein wirklicher Reaktor ist fast immer heterogen aus Kernbrennstoff, Strukturmaterial und Moderator/Kühlmittel aufgebaut. Dies kann je nach Aufbau k {\displaystyle k_{\infty }} gegenüber dem homogenen Fall verringern oder erhöhen.

Erläuterung der vier Faktoren

Symbol Name Bedeutung Formel Typischer Wert
η {\displaystyle \eta } Generationenfaktor Mittlere Zahl von Spaltneutronen pro im Kernbrennstoff absorbiertem Neutron.

Diese Zahl ist kleiner als ν {\displaystyle \nu } , die Neutronenausbeute pro Spaltung, weil es auch Absorptionen im Brennstoff gibt, die nicht zu Spaltung führen. σ f {\displaystyle \sigma _{f}} ist der Wirkungsquerschnitt für Spaltung, σ a {\displaystyle \sigma _{a}} der Wirkungsquerschnitt für Absorption.

η = ν σ f σ a {\displaystyle \eta =\nu {\frac {\sigma _{f}}{\sigma _{a}}}}

ν 2 , 43 {\displaystyle \nu \approx 2{,}43} für 235U

1,3
ε {\displaystyle \varepsilon } Schnellspaltfaktor Zahl der Kernspaltungen Zahl der durch thermische Neutronen induzierten Kernspaltungen {\displaystyle {\frac {\text{Zahl der Kernspaltungen}}{\text{Zahl der durch thermische Neutronen induzierten Kernspaltungen}}}}

Der Schnellspaltfaktor berücksichtigt, dass auch schnelle Neutronen Kernspaltungen hervorrufen können.

1,03
p {\displaystyle p} Moderationserfolg oder

Resonanzdurchlass-Wahrscheinlichkeit

Einige Neutronen werden während der Thermalisierung (Abkühlung) vom Moderator, vom Strukturmaterial oder (vor allem) durch Neutroneneinfang in den Resonanzen des Uran-238 absorbiert. p {\displaystyle p} ist der Bruchteil der Neutronen, die die thermische Energie erreichen, ohne durch solche Absorption verloren zu gehen. 0,89
f {\displaystyle f} thermischer Nutzungsfaktor vom Brennstoff absorbierte thermische Neutronen insgesamt absorbierte thermische Neutronen {\displaystyle {\frac {\text{vom Brennstoff absorbierte thermische Neutronen}}{\text{insgesamt absorbierte thermische Neutronen}}}}

Auch thermische Neutronen können vom Moderator oder anderem nicht spaltbarem Material absorbiert werden (parasitäre Absorption). Σ a F {\displaystyle \Sigma _{aF}} ist der makroskopische Wirkungsquerschnitt für Absorption eines thermischen Neutrons im Brennstoff, Σ a {\displaystyle \Sigma _{a}} derjenige für Absorption irgendwo im Material.

f = Σ a F / Σ a {\displaystyle f=\Sigma _{aF}/\Sigma _{a}} 0,88

Literatur

Siehe auch: Reaktorphysik
  • Albert Ziegler, Hans-Josef Allelein: Unendlich ausgedehnter Reaktor. In: Albert Ziegler, Hans-Josef Allelein (Hrsg.): Reaktortechnik. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-33845-8, S. 93–113, doi:10.1007/978-3-642-33846-5_5.